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Selbstregulation nach Rückschlägen

Aktualisiert: vor 2 Tagen

“Some times we win, some times we learn!”



Wie schön wäre doch ein Leben ohne Misserfolge - zumindest aus emotionaler Sicht. Wir kennen das alle: wir fokussieren uns auf eine Sache, stecken ganz viel Zeit, Energie, Herzblut, Leidenschaft rein und dann geht der Plan einfach nicht so auf, wie wir es erwartet haben.


Ah ja genau, apropos „erwarten“ – Erwartung und Enttäuschung liegen bekanntlich nah beieinander. Zu viele oder zu hohe Erwartungen knüpfen wir an bestimmte Ereignisse, Menschen, Situationen und wollen, dass das genau so passiert, wie wir es uns vorstellen. Doch „life is what happens, while your busy making other plans” (“Das Leben passiert, während Du andere Pläne machst.”)

 

Was können wir dann aus Niederlagen lernen und wie schaffen wir es, uns wieder zu regulieren, neuen Mut zu fassen, aufzustehen und erneut anzutreten, ohne die unangenehmen Gefühle zu verdrängen?


Herausforderungen lassen uns wachsen, sind aber oft mit viel Kraft und auch manchmal mit Schmerz verbunden - ob privat oder beruflich. Rückschläge sind zwar normal und ein Teil unserer Entwicklung, dennoch ist es oft schwer, diese Gefühle auszuhalten.

 


Aus meiner Erfahrung dauert der Prozess der Heilung, Trauer, Verarbeitung oder Bewältigung – wie auch immer wir es nennen wollen - länger als mir lieb ist. Und ich darf mir auch genug Zeit nehmen, diese Emotionen zu durchfühlen und zu verarbeiten. Außerdem: „umso mehr ich mir erlaube, dieses Gefühl zu haben, desto leichter wird es.“


Während der Verarbeitungs- oder Trauerphase bin ich meist (noch) nicht empfänglich für Trost, Motivation oder Ratschläge. Das ist manchmal, für Menschen die uns nahe stehen schwer zu verstehen, denn die meisten haben sofort den Impuls zu helfen und guten Rat geben zu wollen. Das ist wichtig für die Trostgebenden zu verstehen, damit diese Geste nicht als Zurückweisung empfunden wird.


Erst danach setzt bei mir der Prozess der Reflektion ein. Als bräuchte es diese Zeit, um den Blick zu klären. Erst dann kann ich beginnen, nach „learnings“ zu suchen und zu verstehen, was ich aus dieser Erfahrung an positiven Erkenntnissen mitnehmen kann.

 

Meine schönste Erfahrung aus meinem letzten Rückschlag war, zu erleben, dass ich ein unglaublich liebevolles und wertschätzendes Umfeld habe. Ich habe so viel Support, Mut und Kraft bekommen und dies hat mich nicht nur dankbar und demütig gemacht, sondern meinen Selbstwert noch mehr gestärkt. Diese Erfahrung war für mich so viel wichtiger als der Rückschritt selbst.


Eine wichtige Rolle spielt in dem Zusammenhang auch Scham und damit verbunden die limitierenden Glaubenssätze. Wie beispielsweise: „Ich bin nicht gut genug“, „es ist mir nicht vergönnt Erfolg zu haben“, „die anderen sind besser“, "ich schaffe das eh nicht" oder ähnliche Glaubenssätze, die uns einschränken. Die gute Nachricht: Scham verschwindet, sobald sie angesprochen wird. Daher mein Tipp: finde einen sicheren Raum, wohlwollende Menschen und sprich über Deine Scham und das Gefühl des Versagens. Das war genau der Effekt unseres Online Gesprächskreises im April. Wenn wir erfahren, wie emotional und verletzlich auch andere Menschen sind, gibt uns das Kraft zur Heilung.


„Erfolg besteht darin, von einem Misserfolg zum nächsten zu gehen, ohne die Begeisterung zu verlieren“ (Winston Churchill)

 

Hier zusammenfassend meine Art der Selbstregulation und die Erfahrungen, die ich aus meinen persönlichen Rückschlägen mitnehmen konnte:

  • Die Verarbeitung und die Heilung dauern meist länger als mir recht ist.

  • In der „Bewältigungsphase“ bin ich nicht empfänglich für Trost, Motivation oder neue Vorschläge und das darf ich meinem Umfeld liebevoll mitteilen.

  • Umso mehr ich mir erlaube die Enttäuschung zu fühlen, desto leichter wird es.

  • Mir hilft es, wahrhaftig in einem sicheren und verständnisvollen Umfeld über meine Niederlage zu sprechen.

  • Scham verschwindet, wenn sie angesprochen wird.

  • Ich bringe mir Geduld und Mitgefühl entgegen, ohne den Prozess beschleunigen zu wollen.

  • Ich greife auf meine Liste der Dinge zurück, die mir Energie geben.

  • Ich achte mehr darauf wieder in meine täglichen Routinen zu kommen, wie Meditation, Waldspaziergänge, soziale Kontakte.

  • Reflektion: habe ich mich zu sehr auf diese eine Sache konzentriert, meine Erwartungen zu hoch an mich selbst gestellt und andere Dinge, die mir wichtig sind vernachlässigt?

  • Wieder in den Körper kommen: lokalisieren, wo sich die dunkle Energie ansammelt und diese bewusst aus meinem Körper leiten, z.B. durch Tanzen, Schütteln, Yoga oder anderen Körperübungen.

 

Finde für Dich heraus, was Dir hilft, Dich selbst zu regulieren und schreib es Dir für’s nächste Mal auf oder teile gern Deine Erfahrung hier unten in den Kommentaren!



Regulation und Ko-Regulation


Wie gut wir gelernt haben uns selbst zu regulieren, hängt auch davon ab, wie gut wir in unserer Kindheit ko-reguliert wurden. Als Babys sind wir von unseren Bezugspersonen abhängig. Wie gut sie auf unsere Bedürfnisse eingehen und in der Lage waren, uns eine gute Ko-Regulation zu geben, hängt davon ab, wie wir heute mit Hindernissen umgehen und welche Coping-Strategien = Bewältigung-Strategien wir nutzen.


Fühlen wir uns sicher und haben Vertrauen, dass wir es schaffen in die Regulation zu kommen oder wurden wir uns selbst überlassen und haben heute noch das Gefühl, dass wir keine Hilfe annehmen können/dürfen und auf uns allein gestellt sind. Auch wenn wir es früher nicht gelernt haben, können wir das heute tun.

 

Vielleicht haben wir schon in der Kindheit gelernt, unangenehme Gefühle zu verdrängen. „Das ist doch kein Grund zu weinen“ oder „da brauchst Du nicht traurig sein“ sind Sätze, die ich oft gehört habe. Doch damit war ich nicht in der Lage, eine Wut, Enttäuschung, Trauer zu regulieren.

 

Und teilweise fällt es uns schwer, Gefühle und Emotionen klar zu benennen. Wir wissen zwar, was sich angenehm oder unangenehm anfühlt, aber eine Differenzierung der einzelnen Gefühle ist oft nicht eindeutig.

 

Der amerikanische Psychologe Paul Ekman hat in den 60er Jahren herausgefunden, dass es sieben primäre Basisemotionen gibt, die unabhängig von kulturellen Umständen einheitlich gedeutet werden. Das sind: Wut, Trauer, Angst, Verachtung, Freude, Überraschung, Ekel.

 


Das emotionale Spektrum der sekundären Emotionen ist allerdings so viel breiter und kulturell geprägter. Irgendwas fühlt sich nicht gut an, auch wenn wir nicht genau herausfinden welches Gefühl es ist, versuchen wir es zu verändern. Vielleicht wäre es besser, zu lernen, unsere Gefühle genauer zu erspüren und zu benennen. Umso besser wir erspüren, was uns „schlecht“ fühlen lässt, desto leichter können wir herausfinden, was wir brauchen, um uns wieder besser zu fühlen. Und dafür müssen wir uns wieder mit unserem Körper verbinden.


Auch wenn wir nicht beeinflussen können, welche Emotionen auftauchen, können wir lernen, wie wir auf diese reagieren und das bringt uns wieder zurück in die Selbstwirksamkeit. Wenn wir es schaffen eine bewusste Pause zwischen Reiz und Reaktion einzubauen, kommen wir wieder besser in die Selbstregulation.

 

Boriana Jürgens-Rosenmüller, April 2025


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Hier noch einige hilfreiche Tipps aus unserem Gesprächskreis:

Buch: "Das Buch der Trauer"

Talk: The Privilege of a Broken Heart | Mara Abbott

https://www.youtube.com/watch?v=E41Sy_Spki8 Talk: Brene Brown - the inner critics

Film: "Don't Worry, He Won't Get Far on Foot"



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