Nonverbale Intelligenz - Wie Körpersprache Selbstwirksamkeit stärkt
- Boriana Jürgens-Rosenmüller

- 14. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Nov.
Bevor ein Gedanke Form annimmt und bevor ein Wort ausgesprochen wird, spricht unser Körper. Oft klarer, mutiger und ehrlicher als wir selbst. Wirkung beginnt, bevor wir sprechen. Unsere Körpersprache ist ein stiller Verstärker unserer inneren Haltung.
Ich war Casting Direktorin für Film und Fernsehen. Ich durfte mit vielen Künstler*innne und Schauspieler*innen arbeiten – und habe dabei etwas Entscheidendes verstanden: Die stärkste Wirkung entsteht nicht durch Technik, sondern durch Echtheit. Und diese Echtheit beginnt immer im Inneren.

Sein statt Tun: Der Schlüssel, um wieder in die eigene Kraft zu kommen
Schauspiel wird oft als Darstellen von Emotionen verstanden. Doch wirklich gute Schauspielerinnen und Schauspieler spielen nicht – sie sind. Sie erleben Emotionen im Moment. Ein kluger Schauspiellehrer sagte einmal:
„We are humanbeings, not humandoings.“
Und so verhält es sich - wie ich finde - auch in der nonverbalen Kommunikation. Nicht das WAS wir tun, sondern WARUM wir das tun, was wir tun. Unser inneres Motiv ist der Kompass. Wenn wir diesen wieder spüren, entsteht Selbstwirksamkeit – weil wir wissen, wofür wir stehen.

Der Körper sendet immer – auch ohne Worte
Nonverbale Kommunikation ist allgegenwärtig. Schon bevor wir sprechen, senden wir Botschaften: durch Mimik, Gestik, Körperhaltung, Atmung, Tonfall, Tempo, Rhythmus, die Distanz zu anderen, u.v.a. Und bis zu 95 % davon geschieht dies unbewusst. Der Körper erzählt also ständig Geschichten – die Frage ist nur: Hören wir ihm zu?
Aus der Überwältigung in die Selbstwirksamkeit
In Stresssituationen reagiert unser Nervensystem automatisch mit Flucht, Kampf oder Erstarren. Plötzlich zittern wir, bekommen rote Wangen, Herzrasen, Kehlen werden trocken. Eine einfache und sehr kraftvolle Methode hilft, das Ruder zurückzuholen: Benennen, was gerade ist, was wir innerlich wahrnehmen, statt die Situation und die Emotionen zu überspielen. Damit holen wir uns Selbstwirksamkeit zurück. Wir nehmen den Druck raus. Und wir schaffen sofort Verbindung - vor allem zu uns selbst.
Emotionen: Energie in Bewegung (Energy in Motion)
Emotionen sind wertvolle Hinweise auf unsere inneren Zustände, doch oft fehlen uns die Worte, um sie genau zu benennen. Erst durch sprachliche Klarheit verstehen wir, was in uns vorgeht – und können bewusst darauf reagieren. Gefühle sind Energie in Bewegung, und wenn wir sie unterdrücken, blockieren wir sie im Körper. Und einige unverarbeitete Emotionen tragen wir unbewusst ein ganzes Leben mit uns herum.

Wesentlicher Schritt ist, dieser Energie Raum zu geben und bewusst eine Pause zwischen Reiz und Reaktion zu schaffen. Diese kurze Unterbrechung öffnet den Zugang zur Selbstregulation – und führt uns zurück in unsere eigene Kraft.
Rapport: Vertrauen aufbauen - die stille Kraft der Verbindung

Worte liefern den Inhalt, doch die Körpersprache erzeugt die Wirkung, und erst über diese Wirkung entsteht Verbindung. Rapport entsteht, wenn wir einem Menschen echte Aufmerksamkeit schenken: indem wir präsent zuhören, Interesse zeigen und offen nachfragen. Auch das Aufgreifen seiner Worte schafft Nähe und Verständnis. Zusätzlich unterstützt es die Verbindung, wenn wir uns behutsam an Tempo, Lautstärke oder Haltung unseres Gegenübers orientieren. So entsteht ein natürlicher Gleichklang, der Vertrauen fördert und Begegnung möglich macht.
Wenn Worte und Körpersprache nicht zusammenpassen - Double Binds
Eine der größten Quellen innerer Verwirrung sind Double Binds: Widersprüchliche Informationen wie: „Kannst Du das bitte sofort erledigen, aber sei nicht gestresst.“ Die beiden widersprüchlichen Botschaften kann man schwer erfüllen. Oder: "Sag mir Deine ehrliche Meinung aber sag nichts, was mich verletzten kann." Double Binds erzeugen Stress – sowohl beim Sender als auch beim Empfänger. Der Empfänger versucht, beide Botschaften gleichzeitig zu erfüllen – was unmöglich ist. Das führt zu Spannung, Unsicherheit und oft zu Schuldgefühlen.
Der Ausweg? Das ansprechen, was wir innerlich wahrnehmen. „Damit ich das gut umsetzen kann, brauche ich etwas mehr Klarheit. Soll ich mich eher auf die Geschwindigkeit oder auf Ruhe und Sorgfalt konzentrieren?“. Das bringt uns zurück in Kontakt mit unserer inneren Wahrheit.

Die Macht unserer Sprache
Sprache verrät Haltung. Sätze wie„man müsste“,„eigentlich sollte“, zeigen innere Distanz. Selbstwirksam klingen:„Ich möchte“,„Ich habe entschieden“,„Ich plane“.
Auch unser Tonfall formt Wirkung. Sprechen wir in der Indifferenzlage – der entspanntesten Stimmlage – wirken wir ruhiger, geerdeter und präsenter. Das lässt sich trainieren. Schon ein langes „Mmmmm“ beruhigt das Nervensystem. Wörter wie ABER, LEIDER, VIELLEICHT und MÜSSEN rauben uns unsere Souveränität.
Pausen: Das unterschätzte Werkzeug
Pausen sind kein Stillstand – sie sind Wirkung. Sie erzeugen Tiefe, Resonanz und Aufmerksamkeit. Eine gute Pause ist manchmal eindrucksvoller als jedes Argument.
Intention – der innere Kompass
Bevor ich in ein wichtiges Gespräch oder eine Präsentation gehe, nehme ich mir einen Moment, um mich auszurichten. Ich frage mich: welche Haltung möchte ich einnehmen, welche Verbindung möchte ich schaffen und welches Ergebnis wünsche ich mir?

Der Ton ist nur Technik – die Musik bist du
Nonverbale Kommunikation ist wie Musik. Sie besteht nicht nur aus Noten, sondern aus der Stimmung, der Lautstärke, den Pausen Rhythmus, Tempo, Atmung. Der Spieler kann die Technik beherrschen, aber ohne Gefühl, ohne inneren Bezug bleibt die Musik leer.
Boriana Jürgens-Rosenmüller
12.11.2025







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